Die Strauß & Fliege Traurednerin Anna Hölzl ist in ihrem „echten“ Leben Standesbeamtin und wir freuen uns total, dass sie uns in diesem Interview Rede und Antwort steht:
Wer in Deutschland rechtskräftig heiraten will, muss auf das Standesamt. Aber wie genau sieht das dann eigentlich aus? Wie wird man Standesbeamtin? Was macht ein Standesbeamter im Vorfeld der Trauung – und was macht er, wenn er gerade niemanden verheiratet?
Werdegang und Aufgaben einer Standesbeamtin
Liebe Anna, Du bist Standesbeamtin in Taufkirchen erzähl doch mal, wie es dazu gekommen ist? Wie wird man Standesbeamter?
Es war nie mein Traumberuf, sowie bei anderen, Polizistin, Bankkauffrau o.ä. Mein Papa ist auch Beamter, als meine Heimatstadt eine Ausbildungsstelle als Beamtin ausgeschrieben hat, hat mein Papa gemeint, dass könnte was sein, also hat das Töchterlein erst mal Beamtin gelernt. (lacht)
Als ich fertig war mit der Ausbildung war zufällig eine Stelle im Standesamt frei und so kam es, wie es wahrscheinlich kommen musste, ich wurde Standesbeamtin.
Wie sieht dann so eine Arbeitswoche von Dir aus?
Keine Woche ist wie die andere. Mails checken, Anrufe beantworten, Termine vereinbaren, zu Meetings gehen usw. Donnerstage und Freitage sind meistens voll mit Eheschließungstermine, die beiden Tage sind immer noch die beliebtesten zu Heiraten.
Wie lange im Voraus macht ein Paar denn einen Termin aus am Standesamt? Was war der kürzeste, was der längste Zeitraum den Du erlebt hast?
Die Anmeldung kann immer erst max. 6 Monate vor dem Wunscheheschließungstermin getätigt werden. Es ist aber auch nicht selten, dass die Paare zur Anmeldung der Eheschließung kommen und ein/zwei Tage später heiraten wollen. Das ist allerdings nur möglich, wenn die Paare Glück haben und so schnell ein Trautermin frei ist.
Wie viele Paare traust Du am Tag und wie bereitest Du Dich auf die Hochzeiten vor?
Es kommt vor, dass ich im November/Februar oder auch März kaum Trauungen habe. Dafür in den Sommermonaten Mai/Juni/Juli/August umso mehr und natürlich im Dezember. (lacht)
Die Vorbereitung ist super individuell. Es kommt darauf an, ob das Brautpaar eine persönliche Ansprache wünscht oder nur ein paar allgemeine Worte hören möchte. Eine persönliche Ansprache nimmt natürlich mehr Zeit in Anspruch um sie zu schreiben. Es kommt nicht selten vor, dass ich bis 2 Wochen vorher mit dem Schreiben anfange. Aber natürlich versuche ich auch bei einer allgemeinen Ansprache möglichst passende Worte zu finden. Man kann zu einem geschiedenen Paar natürlich nicht das gleiche sagen wie zu einem Paar, das zum ersten Mal heiratet.
Ablauf einer Trauung auf dem Standesamt
Eine klassische, „durchschnittliche“ Hochzeit auf dem Standesamt. Wie kann man sich das vorstellen? Wie lange dauert das in etwa, wie läuft das ab, wie viele Leute sind zugegen?
Eine „durchschnittliche“ Hochzeit gibt es glaube ich nicht. (lacht) Zum groben Ablauf kann ich sagen:
Zunächst begrüße ich das Brautpaar, Trauzeugen, die Eltern und natürlich die Gäste. Es werden ein paar Formalien geregelt, ob sich seit der Anmeldung der Eheschließung etwas geändert hätte, zum Beispiel die Anschrift, denn diese wird auch im Eheregister niedergeschrieben.
Dann kann es auch schon los gehen. Es wird eine Traurede gehalten und nach dem Ja-Wort gefragt. Im Anschluss wird das Eheregister (enthält, Name, Geburtsdatum, Wohnanschrift usw.) vorgelesen, welches dann im Anschluss auch unterschrieben wird. Am Ende erfolgen die Gratulationen, Musik wird abgespielt und die Party kann beginnen.
Das war jetzt nur ein sehr grober Ablauf, natürlich gibt’s noch ein paar versteckte schöne und kleine Details, aber ich will nicht zu viel verraten. (lacht)
Ich persönlich versuche immer, die ganze Trauung so locker und unsteif wie möglich zu gestalten. Das Standesamt bzw. die standesamtliche Trauung muss endlich auch den Ruf einer langweiligen und veralteten Trauung loswerden. Auch die standesamtliche Trauung kann super schön und romantisch gestaltet werden.
Wie schreibst Du die berühmt-berüchtigte Standesamt-Rede? Kriegt Ihr als Standesbeamte da Kurse oder Vorlagen?
Wir Standesbeamte müssen einen zweiwöchigen Lehrgang mit anschließender Prüfung besuchen. Selbstverständlich bekommen wird dort auch Tipps zum Reden schreiben und vortragen, aber wie so oft, das meiste lernt man durch die Erfahrung.
Man merkt relativ schnell, was bei den Brautpaaren gut ankommt und was nicht so gut ist. So muss man tatsächlich immer weiter an sich arbeiten, um die richtigen Worte zu finden. Wir haben natürlich auch Fachbücher die einzelne Traureden als Beispiele beinhalten, ich persönlich habe hiervon noch nie eine Rede benutzt, das sind einfach nicht meine Worte und ganz ehrlich, die Reden sind zum Teil ganz schön oll.
Es gibt ja Statistiken, die davon sprechen, dass etwa 35% aller Ehen wieder geschieden werden – beeinflusst Dich das in Deiner Arbeit und Herangehensweise? Also denkst Du Dir bei jedem dritten Paar „Ohje, die werden es nicht schaffen!“? Habt Ihr da intern Wetten unter den Kollegen? (:
Oh Gott, muss ich da ehrlich darauf antworten? (lacht)
Natürlich wünscht man jedem Paar, wirklich von ganzen Herzen, das Beste. Die Hoffnung, die Zuversicht und das Vertrauen zwischen jedem Paar ist bei jeder Trauung wundervoll und einmalig. Ich glaube auch, dass jedes Paar beim Gang zum Standesamt davon überzeugt ist, dass es für immer zusammenbleibt und sich für immer unterstützen wird.
Als außenstehende Person hat man aber natürlich nochmal einen anderen Blick auf das Paar, wie es sich zum Beispiel auch bei der Anmeldung gibt. Es kommt nicht selten vor, dass die ein oder andere Braut bei der Anmeldung weint, weil der Bräutigam alle romantischen Einzelheiten (wie Musik, Ringwechsel usw.) ablehnt. Da kommt natürlich das ein oder andere Mal der Gedanke auf „na, ob das gut geht“. Manchmal bestätigt es sich nach einigen Jahren, manchmal natürlich auch nicht!
Wetten schließen wir aber keine ab. (lacht)
Anna ist Standesbeamtin & Traurednerin
Wieso hast Du Dich „zusätzlich“ dazu entschieden, Traurednerin zu werden? Man könnte ja meinen, vom heiraten hast Du genug in der Arbeit? (:
Ich glaube mein Beruf ist meine Berufung, schließlich habe ich meinen Beruf auch zum Hobby gemacht. Mir war schon lange „nur“ das Standesamt nicht genug, ich wollte mehr in die Materie eintauchen. Zunächst habe ich meine ersten Gedanken an Weddingplanerin gerichtet, mir wurde aber relativ schnell klar, das ist ein Fulltime Job.
Nach dem ich bei Verwandten, Freunden, Bekannten eine freie Trauung gehalten habe, wurde mir bewusst wie viel Spaß es mir macht.
Eines Abends, mit Freunden in einer Bar, wurde dann die Idee geboren, Traurednerin zu werden und es war definitiv die richtige Entscheidung.
Was kann Anna, die Standesbeamtin, von der Traurednerin lernen – und andersrum?
Die Traurednerin von der Standesbeamtin, sicherlich der jahrelange Umgang mit den Brautpaaren, vor allem mit nervösen Bräuten (; allein der Umgang mit Menschen, macht sich bei jeder Trauung erneut bezahlt z.B. beim Beruhigen der Muttis von Braut und Bräutigam (; der der kurze Smalltalk mit den Vätern.
Natürlich auch die Ruhe und die Sicherheit beim Vortragen einer Rede, auch mal spontan Worte zu finden, wenn sich ein plötzliches Ereignis ereignet (z.B. Ringkind kommt nicht zum Brautpaar, sondern läuft in die andere Richtung).
Die Standesbeamtin von der Traurednerin, sicherlich das Schreiben von Reden und die umfänglichen Ausdrucksweisen wie man ein Ereignis beschreiben kann. Hier habe ich erst vieles bei Strauß & Fliege gelernt.
Corona und Hochzeiten.
Corona hat uns ja dieses Jahr alle ganz schön aus den Angeln gerissen. Wie erlebst Du das als Standesbeamtin? Gibt es da jetzt einen Run, so nach dem Motto „Jetzt erst recht!“ oder merkst Du keinen großen Unterschied?
Die Vorstellung der meisten Paare von einer standesamtlichen Trauung ist immer noch recht traditionell. Die wenigsten kommen tatsächlich ganz allein. Vor allem den jüngeren Paaren ist es wichtig, dass zumindest der engste Familienkreis dabei sein kann.
Die meisten Paare haben tatsächlich auf nächstes Jahr verschoben, sollte es da aber wieder nicht klappen, meinen die meisten, dass sie es trotzdem durchziehen. Die Paare, die nur aus steuerrechtlichen Gründen heiraten, ist das relativ egal, die kommen auch nur zu zweit.
Und wie ist es in Deiner Rolle als Traurednerin?
Alle Paare, die bereits im Sommer 2020 für 2021 einen Trautermin gebucht haben, waren super entspannt, jetzt da sich die Lage wieder verschlimmert hat, merkt man das sich die Nachfragen „Anna, was machen wir, wenn es wieder einen Lockdown gibt?“ häufen.
Anfragen die jetzt, während dem Lockdown, ankommen, fragen jetzt entweder schon für 2022 an oder sind super verunsichert, was natürlich verständlich ist.
Was empfiehlst Du Paaren die dieses oder nächstes Jahr heiraten woll(t)en?
Spontan und super flexibel sein (lacht) und vielleicht jetzt schon überlegen, ob es vielleicht auch okay ist, wenn man nur zu zweit zum Standesamt kommt.
Und außer Leute unter „die Haube bringen“ – was sind sonst so Deine Aufgaben?
Das Standesamt ist tatsächlich in allen Lebenslagen tätig. Wir beurkunden Geburten, schließen Ehen und beurkunden Sterbefälle. Da kommt es schon mal vor, dass man die Ehe eines Paares schließt, dann die Geburt des Kindes beurkundet und dann leider auch den Sterbefall eines Elternteils beurkunden muss.
Aber wir sind auch zuständig für Namensänderung, Vaterschaftsanerkennungen, Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnis usw.
Ist Taufkirchen denn im deutschen Vergleich eine „verliebte“ Stadt? Also heiraten hier sehr viele Paare – oder sind die Bayern eher zögerlich was die Ehe angeht?
Der Münchner Raum bzw. eigentlich ganz Bayern ist noch sehr traditionell, würde ich sagen. Die Hochzeit ist immer noch ein wichtiger Bestandteil bei vielen Paaren. Die meisten Trauungen laufen auch immer noch sehr traditionell ab, also mit den Eltern/Geschwistern zum Standesamt und die große Feier ein paar Tage/Wochen/Monate später mit der großen Gesellschaft.
Ob hier überdurchschnittlich viele Paare heiraten, im Vergleich zu anderen Städten, kann ich dir leider nicht sagen. Verliebt, ist das Paar aber immer bei einer Trauung.
Endlich die Ehe für Alle.
Die Ehe für Alle war ja ein großer und wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung der queeren Community. Wie können wir uns das in Taufkirchen vorstellen? Begleitet Ihr viele queere Paare?
Yeah endlich!!! I love it!
Es hat uns tatsächlich wie eine große Welle überrollt. Zick Paare, die vorher eine Lebenspartnerschaft gegründet haben, wollten dies auch nun in eine Ehe umwandeln. Aus ganz unterschiedlichen Gründen, manche, um endlich auch ganz unkompliziert ein Kind zu adoptieren, andere, damit endlich auch bei der Absicherung des Partners alles sicher ist.
Langsam wird es wieder ruhiger, aber ganz aus der Welt ist das Thema immer noch nicht.
Was magst Du an Deinem Beruf als Standesbeamtin am meisten?
Wo fang ich an, wo hör ich auf (: Am aller meisten, tatsächlich der Moment, wenn sich das Brautpaar gegenübersteht, sich mit glänzenden Augen anschaut und voll Überzeugung „ja, ich will“ zueinander sagen!
Was magst Du an Deinem Beruf vielleicht am wenigsten?
Das ich meine Brautpaare leider nicht so intensiv kennenlernen kann wie bei meiner Tätigkeit als freie Traurednerin. Jedes Paar ist einzigartig, genau wie die Geschichten, die diese verbinden. Und Trauungen, bei denen das Brautpaar von vornherein deutlich macht, das es nur aus steuerrechtlichen Vorteilen heiratet – sehr romantisch…..
Was war vielleicht das Lustigste oder Verrückteste, was Du je erlebt hast bei so einer Hochzeit?
Brautpaar, Trauzeugen und Gäste waren alle da, schick angezogen und nett zurecht gemacht. Wir gehen also in das Trauzimmer ich bitte das Brautpaar Platz zu nehmen, die Trauzeugen dürfen neben dem Brautpaar sitzen. Als dann auch bei den Gästen jeder seinen Platz gefunden hat, habe ich gedacht wir können anfangen. Auf einmal stehen die Trauzeugen auf und verlassen den Raum, der Rest schaut sich mit fragenden Blicken an. Es dauerte nicht lange, kommen die Trauzeugen zurück und hatten ein Hasen und Bärenkostüm an. Die Gäste sind abgebrochen vor lachen und dem Brautpaar wars mega peinlich.
Man hat mich dann aufgeklärt, dass die Kosenamen der beiden „Hase“ und „Bärchen“ ist.
Unter uns gesagt, ich glaube das Brautpaar fand die Aktion nicht so witzig…
Romantische Orte in München
Was sind denn privat Deine liebsten romantischen Ecken und Orte in München?
Zu Hause bin ich im Münchner Süden. Ich liebe die Wege entlang der Isar, vor allem Sonntag in der Früh, wenn noch die meisten Schlafen und es relativ ruhig ist. Super schön sind natürlich auch alle Berghütten die es in der näheren Umgebung ja zu Genüge gibt. Ob das jetzt mega romantisch ist….
Du hast ja selber dieses Jahr geheiratet! Herzlichen Glückwunsch!! Schwelge doch mal in Erinnerungen an den großen Tag. Wie war es für Euch?
Vielen Dank!! Es war wunderschön, ein anderes Wort kann ich dafür nicht finden.
Das Sektfrühstück mit meinen Mädels, das Styling und anziehen des Brautkleides, das erste Mal meinen Mann im Hochzeitsanzug zu sehen, die Augenpaare die auf dich gerichtet sind, wenn man zur Trauung einzieht, die unglaublich vielen herzlichen Glückwünsche, das gute Essen und vor allem die mega Party im Anschluss.
Kurz und knapp, es war ein wirklich toller Tag und wenn jemand Tipps und Tricks braucht, ich kenn mich jetzt überall bestens aus. (lacht)
Was sind Deine Tipps an angehende Brautpaare – sowohl aus Deiner Rolle als Standesbeamte aber auch als Braut?
So schwer es auch fällt, genießt die Vorbereitungszeit zu zweit. Genießt es eure Eltern und Trauzeuge nach Rat zu fragen, euch Gedanken zu machen welche netten Gesten ihr euren Gästen bereiten könnt, dieser eine besondere Tag geht super schnell vorbei! Macht euch auch in dieser stressigen Zeit immer wieder klar „Warum heiraten wir?“, „was schätzen wir aneinander“
Ihr als Paar, dürft in dieser Zeit nicht untergehen.
Verzichtet auf nichts! Es muss eure Traumhochzeit werden und wenn es dafür nötig ist ein paar Euro´s mehr aus zugeben, dann tut das (aber bitte stürzt euch nicht in den Ruin!). Ihr müsst hinterher sagen können, es war alles genau so richtig!
Und am Ende bleibt nur noch zu sagen „Let´s get the Party started!“
Vielen lieben Dank an unsere liebste Standesbeamtin, Anna, für dieses tolle Interview!
Heiratet ihr auf dem Standesamt?
Die Agentur Strauß & Fliege vermittelt ihre TraurednerInnen nicht „nur“ für freie Trauungen!
Die Redner begleiten Brautpaare aber gerne auch auf das Standesamt und schreiben eine persönliche Traurede, die dann z.B. von dem Standesbeamten oder auch einem Freund oder Familienmitglied verlesen wird. So wird aus einem bürokratischen Akt ein emotionales Highlight!
Wenn das interessant für Euch klingt: Schreibt uns einfach eine kurze Nachricht und wir besprechen alles Weitere persönlich.