Strauß & Fliege begleitet heute einen Photographen nach Zypern und zu spannenden interreligiösen Hochzeiten.
Wedding stories: Interreligiöse Hochzeiten (Teil 1)
Julius ist Photograph und hat seinen Zypern-Urlaub nicht nur zur Entspannung genutzt, sondern auch für dieses spannende Projekt: Eine Wedding Story der anderen Art. Julius hat Paare getroffen, die bewusst auf Zypern heiraten, weil es aus interreligiösen oder kulturellen Gründen in ihrer Heimat nicht so einfach gewesen wäre. Inspirierende Wir-Sagen-Ja-Geschichten, die viel komplizierter sind, als die Stories, die wir sonst so erzählen.
Heiraten auf Zypern
Ein Flugticket, 280 Euro und ein bisschen Papierkram: Heiraten auf Zypern ist einfach und schnell. Ein Grund für viele Israelis und Libanesen, einen Kurzurlaub auf der Mittelmeerinsel zu verbringen – und so den religiösen Heiratsregeln daheim zu entgehen. In Ländern wie Israel und Libanon schließen Rabbis, Priester und Imame die Ehen. Zivile Ehen gibt es nicht, der Staat erkennt die religiöse Trauung rechtlich an. Deshalb geben auch religiöse Regeln vor, wer wen heiraten darf. Ein Jude darf keine Nichtjüdin zur Frau nehmen, eine Muslima keinen Christen. Geschiedene Christen dürfen keine zweite Ehe eingehen, und an gleich- geschlechtliche Ehen ist gar nicht zu denken. Im griechischen Zypern gilt dagegen EU-Recht: Auch Ausländer dürfen zivil heiraten. Israel und der Libanon erkennen die zyprische Hochzeitsurkunde problemlos an. Verlobte bleiben durchschnittlich zwei Tage: Ankunft, Trauung, romantisches Abendessen, Übernachtung und Rückflug als Ehepaar am nächsten Morgen.
Eine christlich-jüdische Ehe
Die spanische Romanautorin Eugenia und der israelische Schauspieler Nadav lernten sich bei einem Filmdreh kennen. Am Set war Nadav der Star, Eugenia spielte spaßeshalber eine kleine Nebenrolle: „Es war wie ein Wunder: Alle Frauen am Set standen auf ihn. Ich hatte keine Hoffnung. Und jetzt sind wir hier, viele Jahre später.“ In der Zwischenzeit hatte sie eine Tochter von einem anderen Mann bekommen. Dann traf sie Nadav wieder. Sie lebten eine Weile in Spanien und zogen vor kurzem für seine Karriere nach Israel. Aber da sie als Christin Nadav in Israel nicht heiraten darf und die Wartezeit in Spanien ein Jahr betragen hätte, entschieden die beiden, auf Zypern zu heiraten, da hier interreligiöse Hochzeiten kein Problem darstellen.
In Nadavs Familie gab es einige Bedenken wegen der Ehe zwischen ihm als Juden und einer Christin. Aber Eugenia sagt: „Gerade seine Großeltern, die den Holocaust miterlebt haben, waren diejenigen, die mich verteidigten. Weil sie nicht möchten, dass irgendjemand auf Grund seiner Religion diskriminiert wird. Das ist sehr konsequent, ich bewundere seine Großeltern dafür.“
Heiraten ohne Rabbi
Die Ergotherapeuthin Renana und der Programmierer Eyal lernten sich vor vier Jahren in einem Club in ihrer israelischen Heimatstadt Haifa kennen. Als sie vor einiger Zeit beschlossen zu heiraten, war klar, dass sie dies nicht in Israel nach religiösen Regeln tun würden. Obwohl sie beide jüdisch sind.
Aber als Liberale lehnen sie das Rabanut, den Zusammenschluss der Rabbis und höchste religiöse Autorität in Israel, ab. „Diese Institution ist unserer Meinung nach sehr dunkel und korrupt,“ sagte Renana. Nun verbinden sie die Hochzeit mit einer Reise und feiern im kleinen Kreis. „In Israel ist die Zeremonie sehr groß. 200 Leute, von denen du die Hälfte nicht kennst.“
Im Anschluss wollen sie nur eine kleine Party für ihre Freunde geben. „Die finden es gut, dass wir hier heiraten. Sie mögen auch nicht, wie die Religiösen alles um uns herum kontrollieren.“
Mehr zu den Autoren
Texte von Leila Semaan. Julius Matuschik studiert Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. Sein fotografischer Schwerpunkt liegt auf dokumentarischer Fotografie, Fotojournalismus und Portrait-Fotografie mit einer Vorliebe zum Nahen Osten. Er ist Mitbegründer der Galerie Bohai in Hannover und des Cameo Kollektivs. Er fotografiert auch Hochzeiten. Weitere Infos unter: juliusmatuschik.de